Im PraiseCamp angekommen

Ein spontaner und guter Entscheid

Wir haben recht spontan entschieden, dass wir uns als Glaube und Behinderung am PraiseCamp 2022 engagieren möchten. Als die ersten Posts in den social media mit Anmeldelink erschienen sind, haben wir uns gefragt, ob wohl Jugendliche mit Behinderung auch am PraiseCamp teilnehmen. Sind sie überhaupt willkommen und ist dieser Event für alle zugänglich? Unsere Anfrage bei den Organisatoren fiel auf fruchtbaren Boden. Oder anders gesagt: Die Türen für unsere Mithilfe standen weit offen.

In der verbleibenden Zeit bis zum Anlass haben wir uns überlegt, welche Jugendlichen mit Behinderung wohl am ehesten ans Camp kommen werden und welche Hindernisse allenfalls noch vorhanden sind. So haben wir zusammen mit der Campleitung verschiedene Massnahmen definiert und umgesetzt. So haben wir das ganze Areal der Messe Basel auf die Rollstuhlgängigkeit geprüft. Die Praisecamp-App wurde so programmiert, dass sie auch von einem Screenreader für Blinde gelesen werden kann. Für Gehörlose haben wir ein Team von professionellen Gebärdenspracheübersetzerinnen verpflichtet. Und für Schwerhörige wurde eine Höranlage installiert. Und last but not least: wir haben ein kleines Team zusammengestellt, welches die Jugendlichen am Anlass selber – gemäss Anmeldung im Anmeldeformular – punktuell unterstützen kann.

Am Vormittag des 27. Dezember ist unser Team in Basel eingerückt, hat seine Mätteli in der Helferunterkunft ausgebreitet, die Hallen mit allen Aufbauten nochmals inspiziert und dann auf die ersten Teilnehmer gewartet. Über das Anmeldeformular haben sich nur wenige Jugendliche gemeldet, die auf unsere Unterstützung zählen wollten. Vor Ort hatten wir mit rund einem halben Dutzend Teilnehmenden mehr oder weniger regelmässig Kontakt. Da war einerseits ein junger Mann, der beim Gang zur Toilette unsere Hilfe brauchte. Für ein Mädchen, die aufgrund eines Gendefekts Mühe hat, weite Distanzen zu gehen, haben wir im Vorfeld einen Handrollstuhl gemietet und ihr zur Verfügung gestellt. Ein anderes Mädchen mit Asperger-Syndrom war nicht sicher, ob sie den ganzen Trubel und die sehr lauten Plenumsveranstaltungen an den Abenden gut ertragen wird. Für ihre Leiterin war es sehr beruhigend, uns im Rücken zu haben und uns bei Bedarf rufen zu können. Zu diesen planbaren Aufgaben kamen spontane Einsätze dazu. Ein junger Mann mit Lernschwäche und chronischen Rückenschmerzen fand zum Beispiel vor der Kleingruppenzeit seine Gruppe nicht mehr und zudem klagt er über starke Rückenschmerzen, weil er nur ein dünnes Mätteli zum Schlafen mitgenommen hat. Der Leiter und auch sein Bruder sind nicht erreichbar. Auf Umwegen gelingt es uns, den Gruppenleiter ausfindig zu machen. Wir führen die beiden zusammen und organisieren dem jungen Mann eine dickere Luftmatratze, damit er in den verbleibenden vier Nächten besser schlafen und ohne Schmerzen aufwachen kann. Und dann war da die junge Frau, die keinen Anschluss in ihrer Gruppe fand und immer wieder mal einen Kaffee und ein Gespräch mit uns genoss. Eine weitere junge Frau, die wegen einer Operation vorübergehen im Rollstuhl unterwegs war, fand den Lift nicht, der auf die Etage der Schlafsaals der Mädchen/Frauen führte. Und schliesslich stellte sich heraus, dass es doch noch einen Seminarraum gibt, der für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar ist. Der Lift kann nur mit Schlüssel bedient werden und eine Drehtüre wurde abgeschlossen. Dank der sehr dienstbereiten Security haben wir schnell eine Lösung gefunden, so dass wir für die nächsten Seminare in diesem Raum vorbereitet waren.

An den Abendveranstaltungen mit allen 6000 Teilnehmenden war für die Rollstuhlfahrerinnen vorne bei der Bühne eine Fläche reserviert, von wo aus sie freie Sicht auf die Bühne hatten und nicht von der Masse verdrückt wurden. Vom gleichen Ort aus hatte man auch die beste Sicht zur Gebärdenübersetzung. Unseres Wissens war nur an einem Abend eine gehörlose Person vor Ort. Über den separaten Livestream mit Gebärdenübersetzung waren aber bis zu 68 Geräte eingeloggt. Ein Teilnehmer mit gehörlosen Eltern sagte, dass sie sich sehr über dieses Angebot gefreut hätten. «Nun erfahren wir zu Hause endlich, was die euch in Basel alles erzählen …» habe die Mutter gesagt.

So ist das erste hindernisfreie PraiseCamp schon Geschichte. Hat sich der Einsatz gelohnt und werden wir das nächste Mal auch wieder dabei sein? Unser spontanes Fazit in zwei Punkten:

  1. Jeder investierte Franken und jede investierte Stunde hat sich gelohnt. Die anwesenden Jugendlichen, die unsere Dienste in Anspruch genommen haben, waren sehr dankbar dafür. Mit der Gebärdenübersetzung konnten wir das Camp für die Community der Gehörlosen zugänglich machen.
  2. Das Potenzial für die Zukunft ist sehr gross. Der Anteil an Jugendlichen mit Behinderungen am diesjährigen Camp entspricht noch nicht ihrem Anteil in der (frommen) Bevölkerung. Durch die Sensibilisierung in den kommenden zwei Jahren hoffen wir, dass die Jugendgruppen im Dezember 2024 diverser anreisen und unser «Team hindernisfrei» um ein Mehrfaches grösser sein wird.

In diesem Sinne danken für der Leitung des PraiseCamps 2022 für die Offenheit und die grossartige Unterstützung und freuen uns schon heute auf die nächste Ausgabe des PraiseCamps in zwei Jahren.