Porträt Magdalena Meier-Pfeifer

Januar 2014, von Magdalena Meier-Pfeifer

«Unglaublich, was du alles tust!», höre ich immer wieder. «Du schreibst und inszenierst Theater, hast mit 50 Jahren deine Ausbildung als Filmautorin abgeschlossen, arbeitest Teilzeit in einer gynäkologischen Praxis und bist als Mitinhaberin der beiden Kinos in Rapperswil engagiert…»

Wenige wissen, was ich nicht tue: Ich putze keine Fenster, trage keine Einkaufstasche, ich meide intuitiv das Treppensteigen und Fahrradfahren; ein Badezimmer reinigen oder die Wohnung saugen hat schmerzliche Konsequenzen – tagelang. – Eben dann, wenn ich mit einer Tätigkeit eine entzündliche Reaktion ausgelöst habe. Meine Küche ist ein Cockpit mit Steamer, Kenwood & Co., eingekauft wird mit Le Shop und auf der Wochenplanung ist jeweils am Mittwoch, 6.30 Uhr «Physiotherapie» ein fester Termin.

Im Turnunterricht immer als Letzte gewählt zu werden, gehörte zu meinem Schulalltag. Lähmende Müdigkeit, geschwollene Füße und Schmerzen machten meine Eltern hellhörig. Sie kannten mich als lebensfrohes Mädchen, das vor lauter Tatendrang und neuen Ideen oft zu spät nach Hause kam …
Termine beim Orthopäden und Rheumatologen prägten meine Teenie-Jahre. Eine Ausbildung zur Krankenschwester und mein innigster Wunsch, eine professionelle Schauspielschule zu besuchen, wurden durchkreuzt. Ich landete für eine KV-Lehre im Vorzimmer eines zynischen Rechtsanwaltes. «Dich hat man im Spital gut ernährt», kommentierte mein Chef, als ich vom Cortison aufgedunsen nach einem Spitalaufenthalt zurückkehrte. Freunde distanzierten sich höflich, wenn ich ihnen erklärte, wie meine Krankheit sich entwickeln könnte.

Genügend Grund für Zweifel an Gottes Liebe, Enttäuschung und Verbitterung … Doch Gott schickte mir immer wieder «Küsse vom Himmel»:

  • Als Jüngste von 7 Kindern ermutigten und liebten mich meine Geschwister.
  • Von meiner körperbehinderten Schwester Ruth lernte ich, dass man trotz Einschränkungen das Optimum aus seinem Leben herausholen soll.
  • Meine Mutter stellte ein Fussbad bereit, wenn ich von der Arbeit kam und hielt meine Frustration geduldig aus.
  • Von meinem Vater wusste ich mich geliebt und ich durfte bei ihm anlehnen.
  • Einige Freunde boten mir die Gelegenheit, meine Fähigkeiten als Autorin und Schauspielerin in der Kirche einzusetzen.
  • Gott schenkte mir mit Christian einen rücksichtsvollen und liebevollen Ehemann und drei begabte Kinder.
  • Mein «Engel» Agnes packt jede Woche fröhlich an und ohne die treue Unterstützung meiner Schwiegermutter hätte ich manche Phase nicht überstanden.

Diese und viele weitere Erlebnisse stärkten mein Vertrauen in den himmlischen Vater, der es trotz allem gut mit mir meint. In einem Lied hielt ich meine Entscheidung fest:

Dein Wille, Herr, geschehe, auch wenn ich es nicht verstehe und deinen Weg nicht sehe – DEIN Wille, Herr, geschehe!

Dieser Refrain begleitet mich auch durch eine Erschöpfungs-Depression. Aufgrund einer weiteren Fehldiagnose geriet ich in den Sammeltopf «Fibromyalgie» und versuchte mein angebliches Schmerzgedächtnis zu überwinden. Ein erfahrener Psychiater bestätigte mir «psychische Gesundheit», ermutigte mich aber, meine fehlende Kraft zu akzeptieren. Wir verkauften unser Haus mit Garten an idyllischer Lage und wechselten in eine Wohnung.

Nach einem eindeutigen Diagnosetest auf www.bechterew.ch fragte ich meinen aktuellen Rheumatologen, ob ich an Morbus Bechterew leide. Er verneinte klar. Meine Freundin Esther drängte mich, noch eine Zweitmeinung bei einem Facharzt einzuholen. Mit mulmigem Gefühl sprach ich bei ihm vor. Dr. Widmer nahm mich ernst, untersuchte mich gründlich und die Diagnose war eindeutig: Morbus Bechterew – bei genauer Abklärung hätte man dies bereits mit 16 Jahren behandeln können.

Somit erhielt ich mit 46 Jahren erstmals die richtige Diagnose und Hilfe. «Diese Krankheit führt nicht zum Tod!» tröstet mich mein Hausarzt beschwingt. Ich lernte Arbeitsbedingungen, Ernährung und medikamentöse Unterstützung zu optimieren und lebe mit Einschränkungen ein erfülltes und spannendes Leben. Ohne die Turbulenzen in meinem Leben wäre ich heute charakterlich und beruflich nicht hier angekommen, wo ich heute stehe. Darum bin ich Gott von Herzen dankbar für die Vergangenheit und vertraue ihm für die Zukunft.

Infos zum Artikel

Lebensbericht wurde in dieser Infozeitschrift veröffentlicht:
GuB_Info-Zeitschrift_2014_1, Seite 8

Dein Wille, Herr, geschehe, auch wenn ich es nicht verstehe und deinen Weg nicht sehe – DEIN Wille, Herr, geschehe!

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