Im Gegenwind erprobt

Juni 2022, Markus Zuberbühler im Gespräch mit Bernhard (Börni) Iseli

Wir sitzen mit der ganzen GuB-Reisgruppe im Bus und fahren gemütlich über die Weinstrasse im Elsass. Bis zum Affenberg, unserem Ziel von heute, geht es noch eine gute halbe Stunde. Das reicht doch wunderbar für ein Interview mit meinem Sitznachbarn Bernhard «Börni» Iseli. Dieser willigt ein und wir kommen rasch ins Gespräch über das Leben mit all seinen Freuden und Herausforderungen.

Börni erzählt mir, dass er – Irrtum vorbehalten – durch einen Beitrag im Fenster zum Sonntag mit Ruth Bai auf die Arbeit von Glaube und Behinderung aufmerksam geworden sei. Schon bald darauf sei er im Jahr 1998 mit GuB nach Israel gereist. Seither war Börni bei allen Reisen ins Ausland dabei. Auch in den Ferienwochen in Interlaken gehört Börni zu den Stammgästen; mit Ausnahme des letzten Jahres, als ihm der Arbeitgeber die Ferien gestrichen hatte.

An GuB fasziniert ihn vor allem die Gemeinschaft. «Ich staune auf den Ferienreisen immer wieder, was für uns als Gruppe möglich wird, wenn man einander hilft und aufeinander Rücksicht nimmt». Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen seien willkommen und man gebe das Beste, um allen ein tolles Ferienerlebnis zu ermöglichen. Börni geniesst es, langjährige Bekannte wiederzusehen aber auch neue Leute kennen zu lernen. Auf Menschen zuzugehen ist – wie wir alle wissen – für Börni kein Problem. Er ist offen und interessiert und kommt rasch mit jemandem ins Gespräch. Um ein passendes Thema ist er nie verlegen.

«Mein Leben war von Anfang an eine Herausforderung», erzählt Börni weiter. Seine ersten drei Monate verbrachte er an der Lungenmaschine und hatte in der Folge in seiner ganzen Jugendzeit immer wieder starke Bronchitis und Lungenentzündungen. «In der Schulzeit wurde ich immer wieder gehänselt wegen meiner offensichtlichen Einschränkungen; im Fachjargon: spastische Cerebralparese. Ja, bei mir ist halt nicht alles so wie’s im Büchlein steht.» Schwierig sei es zum Beispiel geworden, wenn er in der Schule im textilen Werken eine bessere Note bekommen habe als seine Klassenkameraden. Und zwar einfach, weil er sich angestrengt und sich mehr Mühe gegeben habe als seine Klassenkameraden. Auch in der Lehre zum Möbelschreiner war es nicht immer einfach. «Ich hatte zwar dort den besten Turnlehrer meiner Schullaufbahn. Dieser war damals Konditionstrainer beim Schlittschuhclub Bern und hat schnell erkannt, dass ich leistungsmässig nicht so gut bin wie andere, dass ich aber dafür mein Bestes gebe. Er hat mich so genommen und wertgeschätzt wie ich bin. Und das hat mir gutgetan.»

Leistung und Wertschätzung begleiten Börni auch heute an seinem Arbeitsplatz. «Ich arbeite zu 90% in der Logistik eines Grossverteilers. Ich bin zwar nicht so schnell wie die anderen, dafür mache ich dank meiner Erfahrung nicht so viele Fehler oder Leerläufe wie andere. Das sehen leider nicht alle so und ich muss immer wieder darum kämpfen, nicht unter die Räder zu kommen.» Durch das sehr hohe Pensum komme er auch kräftemässig immer mehr an seine Grenzen. Dann holen ihn seine Lungenprobleme ein und er reagiere nicht selten mit einer Lungenentzündung. Der nächste Schritt müsste eigentlich eine IV-Teilrente sein. Bisher habe die IV die Anträge stets abgelehnt. «Aber so kann es nicht weitergehen» ist Börni überzeugt.

Die wichtigsten Menschen in Börnis Leben sind seine Familie und die Glaubensgeschwister aus der Gemeinde. Gerade in schwierigen Zeiten wie zum Beispiel während seiner Krebserkrankung wusste er sich auch von Menschen aus dem Kreis von Glaube und Behinderung sehr getragen. «In solchen Momenten, da es einem schlecht geht und der Glaube hart auf die Probe gestellt wird, sind treue und betende Menschen im Umfeld enorm wichtig!»

In seiner Gemeinde engagiert sich Börni in der Technik und macht gerne Fahrdienste für Gemeindeglieder, die nicht mehr gut zu Fuss sind. Neben der Arbeit und dem Engagement in der Gemeinde ist das Imkern ein grosses Hobby von Börni. «Die Arbeit mit den Bienen macht mir viel Freude und ist zudem sehr sinnvoll. Im letzten Winter haben wir etwa 60% der Bienen verloren. Nun sind wir wieder daran, neue Völker aufzubauen, damit es wieder feinen Honig gibt».

Pixelrunde mit Börni im GuB-Wochenende

Börni gestaltet seit seiner Jugendzeit Bilder in allen Farben und Formen. Er arbeitet aber nicht mit Pinsel und Farbe, sondern hat die Bilder zuerst gestickt bzw. mit dem sogenannten «Chrützlistich» mit viel Geduld und Konzentration geschaffen. «Als ich vor Jahren lange Zeit wegen verschiedenen Operationen im Spital war, habe ich sogar einen grossen Wandteppich geknüpft», erzählt Börni stolz. Vor ein paar Jahren habe er dann die Pixel-Bilder entdeckt. Anhand von einem vorgegebenen Muster entstehen mit kleinen farbigen Steckern Bilder in unterschiedlichen Formaten. Neben Bilder, die er gerne in einem GuB-Wochenende an die Teilnehmenden verkauft, hat er immer wieder Auftragsarbeiten. Und schon bald mache er einen Workshop für Kinder in seiner Gemeinde.

Unser Chauffeur kündigt an, dass wir schon bald den Affenberg erreichen werden. Es würde mich nicht erstaunen, wenn Börni als nächstes so einen schnuckligen Berberaffen als Vorlage für sein nächstes Pixel-Bild nimmt.

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