Ich bin körperlich krank, aber innerlich gesund.

Januar 2015, Von Ruth Bai-Pfeifer, aus persönlichen Notizen von Joe Albert

Gehen zu können, das ist mein grösster Wunsch. Jeden Tag, wenn ich aufwache, versuche ich als erstes meine Beine zu bewegen. Dann danke ich Gott dem Allmächtigen von ganzem Herzen für den Tag. Ich weiss, dass er für mich nicht einfach sein wird. Täglich habe ich mit der Krankheit Parkinson zu kämpfen und muss mich mit ihr auseinandersetzen. Und – schliesslich will ich nicht resignieren.

Ich bin in Kerala, im Süden Indiens geboren und aufgewachsen. Ich hatte das Glück in einem Berufsausbildungszentrum des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz, HEKS, eine Lehre als Werkzeugmacher zu absolvieren. 1967 wollte mich das HEKS in die Schweiz senden, um dort zu studieren um dann wieder bestens ausgebildet zurück nach Indien zu kommen. Ich nahm das Angebot an. In der Schweiz musste ich Deutsch lernen. Nach einiger Zeit begann ich am Technikum Winterthur Maschinenbauingenieur zu studieren. Nach den ersten beiden Semestern wurde es zu schwer wegen der mangelnden Sprachkenntnisse. So musste ich das Studium unterbrechen. Ich begann ein Praktikum als Werkzeugmacher. Ich bekam eine Stelle, aber keine Aufenthaltsbewilligung  um zu arbeiten. In der Zwischenzeit hatte ich meine Frau Susanne kennengelernt. Wir entschlossen uns 1970 zu heiraten, und damit war das Problem der Aufenthaltsgenehmigung gelöst. Ich entschied mich dann nochmals für eine Ausbildung zum Mechaniker-Meister. Dafür ging ich in die Technische Fachschule Winterthur und absolvierte 1977 die Prüfung mit Auszeichnung.

Diagnose Parkinson

1978 machten sich erste Anzeichen von Parkinson bemerkbar. Inzwischen hatten wir eine kleine 5-jährige Tochter. Mein rechter Arm begann leicht zu zittern. Mein rechtes Bein konnte ich nicht mehr kon- trollieren, musste es nachziehen und fiel deshalb immer wieder hin. Später begann mein Kopf fortwährend zu wackeln. Alles war sehr schwierig. Ich liess mich sofort im Universitätsspital Zürich untersuchen – und die Diagnose hiess: Parkinson. Ich bekam Medikamente und stellte mich als Testpatient für die Forschung zur Verfügung.

Angst vor Entlassung

Am Anfang versuchte ich, wie viele andere auch, meine Krankheit zu verstecken. Ich wollte dem Arbeitsgeber nichts sagen. Ich leitete eine Abteilung bei Philips als Mechaniker-Meister und hatte sieben Mitarbeiter und zwei Lehrlinge unter mir. Die Angst vor einer Entlassung war gross. Nach drei Jahren beschloss ich, meinen Arbeitgeber zu informieren. Zu meinem grossen Erstaunen stiess ich bei ihm und bei meinen Arbeitskollegen auf sehr viel Verständnis. Erst 1995 hat mich meine Krankheit gezwungen, mich von meinem Arbeitgeber und meinen Mitarbeitern zu verabschieden.

Hoffnung auf Heilung

Ich wusste nicht wie es weiter gehen sollte. In jener Zeit kam Joni Eareckson, die Tetraplegikerin aus Amerika, ins Hallenstadion nach Zürich. Meine Frau wollte, dass ich mit ihr an diese Veranstaltung ging. Mich beeindruckte Joni sehr und sie machte mir Mut. Ich dachte, wenn sie so viel leisten kann, obwohl sie im Rollstuhl sitzt, dann musste ich das doch auch können. Ich entschied mich, ganz Gott zu vertrauen, dass er es mit oder ohne Parkinson gut macht mit meinem Leben.

Ich bin in Gottes Hand und weiss mich von ihm gehalten. Er lässt mich nicht fallen. Ich will mich am Leben freuen, dankbar sein und nicht bitter werden. Ich bin körperlich nicht geheilt, aber innerlich gesund.

OP – Tiefe Hirnstimulation

Auf Anraten der Ärzte, liess ich mir im April 1999 zwei Neurostimulatoren in den Kopf einpflanzen. Ich hatte keine andere Wahl. Mein Kopf war in einer ständigen Bewegung. Aber diese Operation brachte nicht die erhoffte Verbesserung. Schliesslich wurde die Ursache gefunden, die Elektroden waren zu tief in mein Gehirn einge drungen. Im Mai 2000 wurde ich noch einmal operiert und die Korrektur der Elektroden wurde erfolgreich vorgenommen. Ab jetzt machte ich Fortschritte. Ich wurde ruhiger, konnte besser gehen und sprechen, und die Medikamente konnten massiv reduziert werden. Leider hat sich mein Gesundheitszustand später wieder verschlechtert. Aber ich lebe immer noch.

Infos zum Artikel

Lebensbericht wurde in dieser Infozeitschrift veröffentlicht:
GuB_Info-Zeitschrift_2015_1, Seite 16

Steckbrief:

Joe Albert, 1945, lebt seit 1967 in Zürich, verheiratet, 2 Kinder, Parkinson seit dem 33. Lebensjahr

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung